Thursday, April 14. 2011
Ich las da gerade einen Artikel auf der Webpräsenz des Deutschen Bundestages zum Thema §108e StGB. Der Lesart nach (zumindest ist es das, was ich da - nicht nur - zwischen den Zeilen lese) spricht sich der Bundestag (zumindest die Koalition Schwarz-Geld [sic]) für die Bestechlichkeit von Abgeordneten aus oder vielleicht etwas milder ausdrückt, gegen die Strafbarkeit der Bestechung von Abgeordneten, was meines Erachtens aber auf das selbe herauskommt.
Außerordentlich schwach finde ich da die Argumentation des 1. Parlamentarischen Geschäftsführers der FDP-Fraktion Jörg van Essen, der meinte, dass "beim Verdacht auf Verfehlungen [...] der Verlust des Mandats [...] mit gesellschaftlicher Ächtung einher[gehe] - eine höhere Strafe könne auch 'ein Strafrichter nicht verhängen'". Mir stellt sich da die Frage, inwiefern diese gesellschaftliche Ächtung einen Effekt auf die Karriere des bestechlichen Abgeordneten hat, wenn man sich mal ansieht, welchen gesellschaftlichen Stand der Ex-Bundesminister für Verteidigung und Nie-Dr. jur. Karl-Theodor zu Guttenberg nach der Aufdeckung seiner - nennen wir es zunächst einmal, solange die anhängigen Verfahren noch zu keinen Urteilen gekommen sind - "unehrenhaften Manipulationen" zur Erschleichung eines Doktorgrades.
Es will mir nicht einleuchten, warum ein Abgeordneter, wenn er gewisse Dinge tut, nicht bestraft werden soll, für die ein Amtsträger gleichwohl schmerzhaft bestraft werden kann. Meines Erachtens unterliegen Abgeordnete den gleichen Gesetzen wie alle anderen Bürger auch. Dazu unterliegen sie meines Erachtens aber weitaus mehr auch moralischen Werten wie Integrität, Ehrlichkeit und Unbestechlichkeit, denn sie tragen Verantwortung nicht nur für sich selbst, sondern für die Geschicke der ganzen Nation.
Weitaus mehr erschüttert hat mich zudem die Argumentation des Vorsitzenden des Rechtsausschusses und CDU-Justizexperten Siegfried Kauder, der äußerte, "Politik sei „ein eigenes Geschäft“, der Sachverhalt der Abgeordnetenbestechung sei „juristisch nicht in den Griff zu bekommen“". Wie kommt es dann, dass die Anti-Korruptionsmaßnahmen bisher von 36 der 43 EU-Staaten nicht nur unterschrieben, sondern auch schon ratifiziert wurden, nur von Deutschland und sechs anderen Nationen noch nicht? Haben die fähigere Judikativen? Oder haben diese Nationen nur ehrenwertere, weniger bestechliche Mitglieder in ihren Parlamenten?
Ich empfinde die Entscheidung des Deutschen Bundestages mehr als beschämend.
Wednesday, March 2. 2011
Man kann's kaum glauben. Oder man will's kaum glauben, aber man muss es wohl.
Ein nicht völlig unerheblicher Teil unserer Bevölkerung scheint den Bodenkontakt völlig verloren zu haben. Unser gehaargelter Ex-Dr./Ex-Verteidigungsminister lügt, dass sich die Balken biegen und leugnet noch lächelnd und "mit Freude", obwohl er mit erdrückenden Fakten konfrontiert wird, verhöhnt die gesamte wissenschaftliche Gemeinschaft und schädigt den Wissenschaftsstandort in erheblichem Maße ... und was passiert?
Eine Menge Leute finden das scheinbar richtig geil. In Facebook konkurrieren die Guttenberg-Fanclubs um die meisten Fanboys und -girls. Da werden "Volksentscheide für den Rücktritt vom Rücktritt" gefordert, da werden Pro-Guttenberg-Demos im ganzen Bundesgebiet angekündigt, man ruft "Guttenberg for Bundeskanzler", auf openpetition.de läuft eine Petition, die zu Guttenberg wieder zurückholen soll.
Da fragt man sich doch: Was geht in diesen Menschen vor sich? Welches Verhältnis haben diese Menschen zu Ehrgefühl, Anstand, Ehrlichkeit, Glaubwürdigkeit? Denken diese Menschen auch nur einen Augenblick nach, was sie da tun?
Ich kann dieses Verhalten nur auf mangelhafte Bildung und langjährige Indoktrination durch die Medien zurückführen. Kein Mensch gehobener Bildung wird ernsthaft nachvollziehen können, was diese Menschen veranlasst, einen Lügner und Betrüger so zu verherrlichen, insbesondere keiner von denen, die selbst eine eigene Diplom- oder Doktorarbeit geschrieben oder eigenhändig ein Gesellen- oder Meisterstück erstellt haben, um sich ihren Abschluss ehrlich zu erarbeiten.
Ehre nur dem/der, dem/der Ehre gebührt. Aber einem Karl-Theodor zu Guttenberg spreche ich jegliche Ehre ab. Da hilft es ihm auch nicht, wenn eine ebenfalls promovierte (Theoretische Chemie) Bundeskanzlerin voll hinter ihm steht.
Ich frage mich, wohin die Reise in der Bevölkerung geht. Heute jubeln sie noch einem Plagiator zu und loben ihn über die höchsten Töne. Wenn wir das durchgehen lassen, welche Missetaten gestehen wir dann dem nächsten Politiker zu? Drücken wir dann auch bald bei Straftaten beide Augen zu? Bestechlichkeit? Landesverrat? Erpressung? Raub? Entführung? Mord? Wann ist die Grenze erreicht und ab welchem Punkt wird ein relativ junger, gestriegelter, adliger Möchtegern-Staatsmann untragbar? Will Deutschland sich ihren Berlusconi züchten, der sie dann auf eigenen Wunsch weiterhin nach Strich und Faden verarscht?
Gute Nacht, armes Deutschland!
Sunday, February 27. 2011
Wenn man heute so den Twitterfeed verfolgt, sieht, was seine Facebook-"Freunde" so berichten oder die einschlägigen Nachrichtensender verfolgt, fällt es einem oft recht schwer, sein Essen bei sich zu behalten, vor allem, wenn es um die Bundes- und diverse Landesregierungen geht. Der ganze Sumpf wird einem gerade natürlich ganz besonders bei der Betrugsaffäre um Karl Theodor Maria Nikolaus Johann Jacob Philipp Franz Joseph Sylvester Freiherr von und zu Guttenberg bewusst.
Es ist natürlich völlig naiv anzunehmen, die Mitglieder der Bundesregierung müsse sich allein aus Heiligen zusammensetzen (wir (in diesem Falle ich) leben ja in der Bundesananenrepublik Deutschland und nicht im Vatikan). Aber irgendwann ist das Maß dann doch voll. Ich ging eigentlich davon aus, dass man unseren "Volksvertretern" zumindest ein Mindestmaß an Integrität zumuten können sollte. Dem ist aber wohl nicht so.
Schlimm genug, dass K. T. zu Guttenberg es für nötig gehalten hat, sich seine Doktorarbeit zusammenkopieren (lassen?) zu müssen. Schlimm zudem das Ausmaß, mit dem er dies getan hat (bzw. tun ließ). Aber dass er dann nicht Manns genug ist, diese Missetat vollständig zuzugeben und klaren Tisch zu machen, hat ihn schließlich vollständig diskreditiert.
Continue reading "Waren so viele Politiker schon immer so untragbar?"
Friday, November 19. 2010
Wenn ich nicht eh gerade krank wäre, wäre ich sicher heute auch nicht aus dem Haus gegangen. Ich meine, schaut Euch doch mal um. Also, mir ist das alles inzwischen viel zu gefährlich.
Zuerst diese Kofferbombe in Windhoek (Namibia). Also, da muss man doch schon Angst kriegen. OK, das war gar keine richtige Bombe, sondern nur so ein Realtest-Koffer, den wahrscheinlich eine nicht näher benannte deutsche Behörde da in Umlauf gebracht hat, um der Terrorangst ein bissl Vorschuss zu geben. Ich frage mich aber schon, warum das direkt einen Tag nach Karl Thomas de Maizières Terrordrohungen passiert ist. Hätte diese Behörde nicht etwas mehr Geduld aufbringen können? Ein bisschen unglaubwürdig macht sie sich damit doch.
Und dann diese vielen versteckten Bomben, die in den letzten 24 Stunden gefunden wurden. n-tv berichtet über eine verdächtige Tüte am Hannoveraner Hauptbahnhof (OK, war eigentlich gar nicht so wirklich 'ne Bombe, aber egal) und dann die Kofferbombe im ICE 609 von Kiel nach Basel in Düsseldorf (OK, da waren auch nur Kleidungsstücke drin). Und dann dieses verdächtige Päckchen in der sachsen-anhaltinischen Metropole Köthen (Anhalt), einem der bedeutendsten und lohnenswertesten Terrorziele nach dem Reichstag, dem Frankfurter Flughafen und dem Deutschen Museum. Die Welt berichtet auch noch über eine Druckerpatrone in Berliner Goethestraße (na, das hört sich doch wenigstens schon mal nach Munition an!!).
Bei so vielen gefährlichen Gegenständen soll man sich noch aus dem Hause wagen? Ich weiß noch gar nicht, wie ich meinem Arbeitgeber am Montag erklären soll, dass ich mich nicht mehr in die S-Bahn traue. Die hält ja immerhin im Münchner Hauptbahnhof. Und die Wahrscheinlichkeit, den lebend zu betreten UND auch wieder zu verlassen, schrumpft ja wohl von Minute zu Minute. Und dann geht's ja auch noch mit der U-Bahn weiter!!!
Immerhin nähert sich das Ende... Ok, das Ende des Monats. Glücklicherweise sollen die Attentate ja bis Ende November über die Bühne sein. Ich freu mich schon auf den Dezember.
Aber lasst mich noch eines loswerden: An alle, die mich kannten (falls es mich vorzeitig erwischt): Ich hab Euch alle mehr oder weniger gemocht. 
Achso, stimmt, da war noch was. Mit der Vorratsdatenspeicherung würden wir uns all diesen Gefahren natürlich nicht ausgesetzt sehen. Dann wüssten nämlich unsere Sicherheitsbehörden gewissermaßen schon im Voraus, wer Realtest-Koffer in Namibia ins Spiel bringt oder wer Päckchen an Imbissbuden deponiert. (Obwohl ich das mit dem Windhoek-Koffer ja eher auf mal wieder mangelhafte Kommunikation zwischen unseren vielen Sicherheitsbehörden zurückführen würde ... oder auf eine wohl dosierte Blindheit auf einem bestimmten Auge).
[Update: 19.11.2010 21:11]
Laut heute.de wurde die Windhoeker Kofferbombe von der heute 80jährigen Oma eines Larry Copello aus Kalifornien gebaut, der unter anderem vor allem für US-Behörden Realtest-Koffer bastelt. WAY TO GO, GRANMA!
Wednesday, November 3. 2010
Heute lese ich auf SpOn im Artikel "Manipulationsvorwürfe - Hessens Landespolizeipräsident muss gehen", dass Hessens oberster Polizist mutmaßlich ein "Fuchs im Gänsestall" ist. Nunja, über die hessische Polizei liest man in letzter Zeit die abenteuerlichsten Sachen. Innerhalb des Polizeiapparats scheint man es da mit Gesetzen nicht so wichtig zu nehmen.
Ganz besonders interessant fand ich aber die letzten Zeilen des Artikels:
"Das Innenministerium hatte der Zeitung [Frankfurter Neue Presse] dem Bericht zufolge mitgeteilt,
derzeit werde geprüft, ob sich einzelne Beamte dienstrechtlich korrekt
verhalten hätten."
Öhm?!? Moment?!? Fehlt da ein "nicht" oder hat das Innenministerium von Hessen einen ganz besonderen Anspruch an das Verhalten ihrer Beamten?
P. S.: Wird Hessens Landespolizeipräsident Norbert Nedela eigentlich auch noch angeklagt oder ist es mit der Versetzung in den einstweiligen Ruhestand getan? Ich meine, die Dinge, die ihm vorgeworfen werden, sind ja keine Kleinigkeiten, sollte ihm entsprechende Schuld nachgewiesen werden, sollte das doch ein paar Jahre Knast wert sein, oder nicht? Oder läuft das nach dem Motto "Wo kein Kläger, da kein Richter!"?
Sunday, October 31. 2010
Nachdem mich Meister Frattini aus Italien gerade schon zur Weißglut gebracht hat mit seinem christlich-fundamentalistischen Geschwurbel, ist mir wieder dieser Unsinn eingefallen, den die CDU kürzlich in einem Antrag für den Bundesparteitag im November vorgelegt hat. Zu lesen gab's den im SPON-Artikel "CDU-Spitze beschwört die deutsche Leitkultur" am 20.10.2010:
"Unsere kulturellen Werte, geprägt durch eine christlich-jüdische Tradition, der sich die CDU besonders verbunden fühlt, und historischen Erfahrungen sind die Grundlage für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und bilden unsere Leitkultur. [...] Wir erwarten von denjenigen, die zu uns kommen, dass sie diese respektieren."
Hallo? Hab ich in 13 Jahren Schulbildung und weiteren 20+ Jahren irgendwas verpasst? Lag ich im Koma und keiner hat's mir gesagt??
Wie darf ich denn unsere christlich-jüdische Tradition der letzten 1000+ Jahre verstehen?
- Neonazis propagieren offen Antisemitismus, bedrohen Juden, beschmutzen und beschädigen Synagogen und jüdische Friedhöfe und werden viel zu selten vor einen Richter geschleift und zu entsprechenden Strafen verknackt.
- Ein gewisser Herr Hitler pflegte in den 30er und 40er Jahren ja einen besonders innigen traditionellen Umgang mit unseren jüdischen Mitbürgern (man möge mir diesen sarkastischen Euphemismus verzeihen).
- Martin Luther, unser großer Reformator hat sicher viel Gutes für die Entwicklung der Gesellschaft in Mitteleuropa getan, aber auch er entwickelte sich zu einem blühenden Antisemiten!
- Wie lange haben die deutschen Kaiser den Juden das Ausüben eines "normalen" Berufs oder Handwerks verboten, so dass sie nur als Geldwechsler und -verleiher, Pfandleiher, Kaufleute und Ärzte ihren Unterhalt verdienen konnten? Wenn ich ein armer Bauer im 15. Jahrhundert gewesen wäre, hätte ich wahrscheinlich auch meinen jüdischen Geldverleiher gehasst, bei dem ich Schulden gehabt hätte, auch wenn der gar nicht Schuld daran war, dass ich überhaupt Schulden hatte, sondern wohl eher mein christlicher Lehnsherr.
Und nachdem "die Teutschen" die Juden in Mitteleuropa so vorbildlich integriert haben, kommt Ihr von der CDU daher und redet von unserer christlich-jüdischen Tradition? Ja, habt Ihr denn den Schuss nicht gehört?
Bevor hier jemand von einer solchen Tradition reden kann, sollte in Deutschland erst einmal jede(r), unabhängig von Religion oder - wie so schön von Thilo Sarrazin hervorgekramt - Rasse sic rumlaufen und seine oder ihre Religion ausüben dürfen, wenn er oder sie denn unbedingt meint, dass das so sein muss (nur weil ich Atheist bin, heißt das nicht, dass ich anderen nicht ihre Religionen gönne, solang sie mich damit in Ruhe lassen).
Liebe CDU, macht doch einfach mal Eure Hausaufgaben, bevor Ihr den Schnabel aufreißt und die Leute mit solchem ausgemachten Unsinn vor den Kopf stoßt.
Sunday, October 3. 2010
Wenn ich gerade schon dabei bin, auf wichtige Aktionen aufmerksam zu machen, mache ich gleich weiter.
Da unsere Bundesregierung sich von der Atom-Lobby hat breitschlagen oder kaufen lassen und die Laufzeiten für die Atomkraftwerke spontan mal am Volk vorbei verlängert hat, bleibt uns wohl wieder nichts anderes übrig, als uns auf der Straße Gehör zu verschaffen.
Wer sich für die schon lange beschlossenen Abschaltzeiten der Atomkraftwerke einsetzen und der Atom-Lobby einen Riegel vorschieben will, sollte am Samstag, 9. Oktober 2010 in München mit dabei sein.
Sunday, July 25. 2010
Mit der Katastrophe bei der Loveparade 2010 in Duisburg, bei der 19 21 Menschen starben und 342 511 Menschen (ca. 40 davon schwer) verletzt wurden (Aussage vom stellvertretenden Polizeipräsidenten Detlef von Schmeling bei der Pressekonferenz heute gegen 12 Uhr) tun sich mir verschiedenste menschliche Abgründe auf. In Summe ist das alles sehr ernüchternd, wenn nicht sogar erschreckend.
Ahnungslosigkeit und Hilflosigkeit der Verantwortlichen
Während der Pressekonferenz sollten vier Verantwortliche der Presse Rede und Antwort stehen, nämlich der Leiter des städtischen Krisenstabs Wolfgang Rabe, der stellvertretende Polizeipräsident von Duisburg Detlef von Schmeling, der Veranstalter der Love Parade 2010 Rainer Schaller (sowie dessen Pressesprecher) und der Oberbürgermeister von Duisburg, Adolf Sauerland1. Auch wenn verständlich ist, dass sie zum Teil noch nicht ausreichende Informationen zum Unglück präsent hatten, konnten viele Fragen der Journalisten zu Punkten der Planung nicht beantwortet werden, so z. B.:
- "Für wie viele Menschen war das Festgelände überhaupt ausgelegt?" (Laut Spiegel Online war das Partygelände nur für 250.000 Menschen zugelassen.)
- "Wie viele Menschen waren wirklich vor Ort?" (Die Medien sprechen immer wieder von ca. 1,4 Mio. Menschen, von Schmeling nannte als einzige belastbare Zahl die von der Deutschen Bahn gelieferte Zahl von 105.000 Menschen, die mit der Bahn und/oder dem ÖPNV angereist waren2.
- "Wie kam man zu dem Schluss, der Tunnel (ca. 16 m breit und wohl etwas über 120 m lang) wäre als einziger Zu- und Abgang zum Festgelände ausreichend?" (Im Tunnel selbst gab es keine Richtungskontrolle des Personenflusses und er war auch nicht aktiv belüftet, soweit man das aus dem Bildmaterial erkennen kann)
- "Warum wurde der Zulauf auf das Festgelände zum Zeitpunkt des Unglücks nicht sofort gesperrt, so dass weiterhin Menschen auf die Unglücksstelle zuströmen konnten?"
Ernüchternd war vor allem, dass sich die Befragten zu den meisten Fragen nicht äußerten und sich stets auf die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen beriefen, die seit heute Vormittag im Gange sind. Ganz besonders erstaunlich erschienen mir die "Aha"-Effekte in den Gesichtern des einen oder anderen Befragten bei Fragen durch die Journalisten zu sehr offensichtlichen Gefahren- oder Brennpunkten bei der Planung der Veranstaltung (z. B. "Wie bekomme ich besagte 1,4 Mio. Menschen durch einen 16m breiten und 120m langen Tunnel?", eine rein mathematische Frage3).
Verwunderlich ist auch, dass unbezweifelt viele Planungsfehler begangen wurden, obwohl so viele Ämter und Gutachter (Ordnungsamt, Polizei, Rettungsdienste, Lopavent GmbH, Sachverständiger für die Dynamik von Menschenmengen Prof. Dr. Michael Schreckenberg von der Uni Duisburg) an der Planung beteiligt waren. Bedenklich sind auch viele Hinweise von einigen ortskundigen Leuten schon einige Tage vor der Loveparade, die gerade diesen Tunnel schon in diversen Internet-Medien (Foren z. B. Kommentar #18, Twitter) als "Falle" eingeschätzt hatten.
Ich denke, der Polizei vor Ort kann man keine Vorwürfe machen, die hat laut von Schmeling während des gesamten Verlaufs die Menschenströme kanalisiert, wie es die Planung wohl vorgegeben hatte. Aber es bleibt zu ergründen, wer für das Unglück verantwortlich ist und warum in Deutschland im 21. Jahrhundert mit all unseren Möglichkeiten dennoch solch ein Unglück geschehen kann. Ob man jedoch der Führung der Polizei Vorwürfe machen sollte, bleibt dahingestellt, denn wie Spiegel Online heute auch weiter berichtete, ließ die Bundespolizei wohl "inzwischen sämtliche Unterlagen zur Love Parade - Einsatzbefehle, Lagemeldungen, Karten - von den Computern der Beamten sowie aus deren E-Mail-Accounts" löschen.
[Update via Twitter] Wie Carsten Erdmann von der Berliner Morgenpost berichtet, bestätigte der Sprecher des Bundespolizeipräsidiums, Jörg Kunzendorf, auf Anfrage gegenüber deren Reporter auf Anfrage so oben genanntem SpOn-Bericht: "Alle Einsatzunterlagen liegen vor und können bei Bedarf eingesehen werden."
Reaktion der Bevölkerung
Sehr viele Besucher der Loveparade und natürlich auch die TV-Sender haben sehr viel Bildmaterial ins Netz gestellt, auf youtube und den Webpräsenzen der Sender finden sich zahllose Videos zum Unglück. Wenn man sich dann aber mal die Kommentare zu den Videos anschaut, packt einen zum Teil das kalte Grauen.
Ermutigend ist zugegebenerweise die große Anteilnahme und der Ausdruck von Mitgefühl vieler Kommentatoren. Erschreckend sind aber auch unterschiedlichste Stilblüten. Die einen geben den Opfern selbst die Schuld am Unglück, andere sprechen von "der Strafe Gottes" (klar, jedem religiösen Fundamentalisten war die Loveparade sicher ein Dorn im Auge), wieder andere beschimpfen andere Kommentatoren mit "Du Opfa" und schlimmerem. Diese Kommentare bieten einen erschreckenden Einblick in die Gefühlswelt und das Bildungsniveau dieser Leute. Während sich die eher mitfühlenden Kommentare meist gerade noch lesen und verstehen lassen, muss man sich bei den diffamierenden Kommentaren schon sehr viel Mühe geben. Hier zeigt sich eine bedenkliche Verrohung und ein ebenso bedenklicher Mangel an Erziehung und Bildung. Man stellt sich die Frage, ob man mit Menschen solchen Schlages wirklich zusammenleben will und welche Wege unsere Gesellschaft, (insbesondere die Eltern und im Anschluss daran auch die Schulen) einschlagen muss, um solche Menschen wieder zu sozialen Menschen werden zu lassen. Zu Menschen mit Werten, Respekt und Toleranz anderen gegenüber.
Mir fehlen weitere Worte - Kommentare sind willkommen.
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Tuesday, July 13. 2010
Heute ist mir was Komisches passiert. OK, mir passiert schon öfter mal was Komisches, aber heute war's anders komisch.
Auf dem Weg zur Arbeit, als ich gerade aus'm Bus hüpfte, fragt mich eine Frau Ende 40, ob ich ihr sagen kann, wo dieses Schauhaus für so'nen Anbieter für Bädereinrichtungen ist. Da besagtes Schauhaus nicht weit von meiner Firma weg ist, meinte ich, sie solle einfach mitkommen, ich würde sie dann schon auf den rechten Weg bringen.
Und da das schon einige Hundert Meter waren, kamen wir kurz ins Gespräch, das relativ schnell ins Politische rückte. Es ging dann von "Die Renten sind sicher" über Röslers geniale "Gesundheitsreform" bis zu "Den Westerwelle kann ich ja absolut nicht ab!" und "Die FDP lügt sich doch sowas von in die Tasche!" und "während wir zahlen, erhöhen sich die Abgeordneten die Diäten".
Mir dünkt, ich hörte da ein Quentchen Unzufriedenheit mit der aktuellen Regierungskoalition heraus. Als ich ihr dann beiläufig sagte, dass ich Pirat bin, war sie gleich hellauf begeistert.
Das war irgendwie ein guter Start in den Arbeitstag 
Thursday, July 8. 2010
Da der deutsche Bundestag eine öffentliche Behandlung der Petition gegen Abgeordnetenbestechung gerne unterbinden würde, verweigert der Petitionsausschuss des deutschen Bundestages auch eine Veröffentlichung der Petition auf dem Petitionsserver des Bundestages.
Es ist ja aber nicht so, dass man sich nicht zu helfen wüsste. Die "Initiative §108e" stellt eine Plattform zur Verfügung, über die man die Petition mitzeichnen kann.
Worum geht's überhaupt? Die Kurzfassung ist: Bei der Bestechung von Abgeordneten ("der Kauf oder Verkauf einer Stimme") greift das Strafrecht nicht immer. Und das, obwohl Deutschland das UN-Abkommen gegen Korruption (UNCAC) unterzeichnet, aber eben nicht ratifiziert hat. Details zur Petition und zur aktuellen Rechtslage findet man auf der Seite der "Initiative §108e".
Ich hab's dann heute doch endlich auch geschafft und konnte auch gleich einen Kollegen motivieren, gleich mitzumachen.
Also, nix wie ran und auch mitzeichnen!!
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